Soziologie

Werte und Normen spielen in der Soziologie eine bedeutende Rolle. Werte, also moralisch ethische Handlungsgrundsätze und Normen, Standards für das Verhalten in sozialen Beziehungen sind der Kitt, der Gesellschaft zusammenhält und Sozialität überhaupt erst ermöglicht. Werte und Normen formen Gesellschaft. Soziale Institutionen des Alltags – z. B. die Familie oder Freundeskreise – aber auch formale Organisationen wie die Schule sind Ausdruck dieses Geflechts aus Werten, Normen und der davon abgeleiteten Regeln. 

 

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Dabei stellten Werte und Normen kein starres System dar, wie an den Veränderungen der Institution Familie oder der Schule als Ausbildungseinrichtung abzulesen ist. Viel eher ist die Gültigkeit von bestimmten Werten und Normen von gesellschaftlichen Dynamik und Konflikten geprägt. Auch ist das Set gültiger Werten und Normen zu jedem Zeitpunkt selbst uneinheitlich. Das Recht setzt Normen, aber auch die Wirtschaft, die Politik oder die Wissenschaft. Werte- und Normensysteme einzelner Bereiche können sich mit anderen überschneiden, aber auch im Widerspruch zueinander stehen. Verhalten, das im Wirtschaftsleben angemessen ist, kann im Freundeskreis unpassend sein. An den Schnittstellen befindet sich die einzelne Person. Sie kann Mitglied in einem Kreis sein, dessen Werte sie teilt, in einem zweiten ganz ähnlich handeln aber gleichzeitig in einem dritten Kreis nach anderen Regeln Umgang pflegen.

In gesellschaftlichen Kontexten spielt die Verhandlung religiöser Werte häufig eine Rolle. Diese kann sowohl individuelle, institutionelle als auch gesamtgesellschaftliche Interessen und Prägungen betreffen. In gesellschaftlichen Kontexten wird zudem die Frage nach dem Verhältnis von religiösen und säkularen Werten kontrovers verhandelt und immer neu beantwortet.

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Damit wird deutlich, warum die Soziologie sinnvollerweise eine Bezugswissenschaft für die Lehramtsausbildung  im Kontext des Werte-und-Normen-Unterrichts ist. Sie erläutert die gesellschaftlichen Dynamiken und vorzufindenden Konfigurationen. Sie tut dies, indem sie die Historizität und gesellschaftliche Bedingtheit unterschiedlicher gesellschaftlicher Werte- und Normensysteme empirisch untersucht und darüber aufklärt, wie diese entstanden sind, wie sie wirken und welche Faktoren zu ihrer Veränderung führen. Das Verständnis für die Vielfalt sozialer Situationen wird dadurch gefördert und Unterschiede deutlich gemacht. Und es wird klar, dass religiöse Systeme nicht allein aus sich selbst heraus bestimmt werden können.

Bei alledem wertet die Soziologie selbst religiöse Wertesysteme nicht. Sie diskutiert kein „soll sein“. Die gesellschaftliche Bedingtheit von Werten und Normen wird aber durch soziologische Reflektion durchschaubar. Damit rücken Machtverhältnisse und sozialstrukturelle Fragenstellungen in den Vordergrund, die aus genuin soziologischer Perspektive analysiert werden können. Religiöse Phänomene werden vor diesem Hintergrund im gesamtgesellschaftlichen Kontext greifbar und verständlich.